Vickers-Härteprüfung

Die Härteprüfverfahren nach Vickers und Knoop sind in den Normen ASTM E384 and ISO 6507 definiert. Diese Normen werden regelmäßig aktualisiert, und eine aktuelle Ausgabe sollte den Bedienern zur Verfügung gestellt werden.

Bei der Härteprüfung nach Vickers wird eine Kraft gleichmäßig und stoßfrei mit einem Diamant-Eindringkörper auf eine Probe aufgebracht, wie in Abb. 23.6 dargestellt. Der Vickers-Diamant-eindringkörper erzeugt einen Eindruck in Form einer Pyramide mit quadratischer Grundfläche, mit einer Eindringtiefe von ca. 1/7 der Länge der Diagonalen. Die über den Eindringkörper eingeleitete Kraft wird ca. 10 bis 15 Sekunden aufrechterhalten, anschließend erfolgt eine vollständige Entlastung. Die physische Beschaffenheit des Eindringkörpers und die Genauigkeit der eingeleiteten Kraft (beides ist in der ASTM E 384 festgelegt) muss genau kontrolliert werden, um korrekte Ergebnisse zu erzielen.

Die beiden Eindruckdiagonalen werden vermessen, normalerweise auf 0,1 µm genau, und dann gemittelt. Die Vickers-Härte (HV) wird dann nach der folgenden Formel berechnet:

Vickers Hardness Testing Abb. 23.6: Schematische Darstellung des Vickers-Eindringkörpers und Form des Eindrucks.

HV = 1854.4L / d2

Dabei werden die Kraft L in gf und die durchschnittliche Diagonale d in μm angegeben (daraus ergibt sich die Einheit gf/μm2 für die Härtezahl, jedoch wird üblicherweise die entsprechende Einheit kgf/mm2 bevorzugt; in der Praxis findet man die Angabe der Härtezahl häufig ganz ohne Einheit). Tabellen oder Messungen mit automatischen elektronischen oder bildgebenden Systemen sind heute üblich und eine praktischere Möglichkeit zur Bestimmung der Vickers-Härtezahlen.

Seit den 1960-er Jahren ist HV die Standardbezeichnung für die Vickers-Härte nach ASTM E 2 und E384. Diese Bezeichnung sollte gegenüber den älteren, inzwischen unüblichen Bezeichnungen DPN oder VPN bevorzugt werden. Bei strenger Anwendung des SI-Einheitensystems wird die Härte nicht in der standardmäßigen, allgemein verständlichen Einheit kgf/mm2, sondern in der Einheit GPa ausgedrückt, die für die meisten Ingenieure und Techniker nur wenig bedeutet. ASTM empfiehlt hier einen “sanften” metrischen Ansatz.

 

Figure 23.7. Example of a well-formed Vickers indentation (400X).
Abb. 23.7: Beispiel für einen gut ausgebildeten Vickers-Eindruck (400X).
Figure 23.8. Example of a distorted Vickers indentation (400X).
Abb.23.8: Beispiel für einen verzerrten Vickers-Eindruck (400X).
Bei der Vickers-Härteprüfung wird davon ausgegangen, dass nach der Entlastung keine elastische Rückstellung erfolgt. In der Tat findet aber eine elastische Rückstellung statt, und manchmal ist deren Einfluss ziemlich ausgeprägt. Im Allgemeinen erscheint der Abdruck quadratisch (Abb. 23.7), und die beiden Diagonalen haben eine ähnliche Länge. Wie bei der Brinell-Prüfung wird auch die Vickers-Härte auf der Grundlage der Fläche des Eindrucks und nicht auf der Grundlage der Projektionsfläche berechnet. Wenn die Form des Eindrucks aufgrund der elastischen Rückstellung verzerrt ist, siehe Abb. 23.8, (was bei anisotropen Werkstoffen häufig der Fall ist), sollte dann der Mittelwert der beiden Diagonalen zur Bestimmung der Härte herangezogen werden? Der Eindruck kann auf der Grundlage der Projektionsfläche des Eindrucks berechnet werden, der durch eine Bildanalyse bestimmt werden kann. Bisher wurden zu diesem Problem nur wenige systematischen Studien veröffentlicht, und aktuell ist auch bei verzerrten Eindrücken die Messung der Diagonalen das bevorzugte Verfahren.

Bei der Vickers-Härteprüfung gibt es zwei ganz bestimmte Kraftbereiche: “Vickers-Mikroindentation” (10 – 1000 g) und die “Vickers-Makroindentation” (1 – 100 kg), mit denen alle Prüfanforderungen abgedeckt werden. Der Eindringkörper ist in beiden Kraftbereichen gleich, daher sind die Vickers-Härtewerte über den gesamten Härtebereich für Metalle kontinuierlich (normalerweise HV10 – HV100). Weil die Form des Vickers-Eindrucks bei allen Prüfkräften geometrisch ähnlich ist, ist der HV-Wert (mit statistischer Genauigkeit) über einen breiten Bereich von Prüfkräften konstant, vorausgesetzt, dass die Probe relativ homogen ist.

Mikroindenations-Härteprüfung

Die Mikroindentations-Härteprüfung, manchmal auch (fälschlich) als Mikrohärteprüfung bezeichnet, wird häufig verwendet, um geringfügige Änderungen der Härte zu untersuchen. Der Begriff “Mikrohärte” wird zwar von Technikern im Allgemeinen verstanden, aber das Wort impliziert, dass die Härte extrem niedrig ist, was aber nicht der Fall ist. Die aufgebrachte Kraft und die sich ergebende Eindruckgröße sind kleiner als bei den üblichen Tests, aber die sich ergebenden Härtewerte sind gleich. Deshalb empfiehlt der ASTM-Ausschuss E-4 zur Metallographie die Verwendung des Begriffs Mikroindentations-Härteprüfung, abgekürzt als MHT.

Der einzige Unterschied zwischen einer Standard-Vickers-Härteprüfung und einer Mikroindentations-Prüfung besteht in den dabei eingesetzten niedrigeren Kräften (<1 kg). Die entstehenden Eindrücke im Material sind somit kleiner, und deshalb können kleinere Bereiche im Werkstoff beurteilt werden.

Bei der Wärmebehandlung zum Beispiel wird die Technik schon seit Jahren eingesetzt, um durch die Messung der Härte in kleinen Abständen auf der Probenoberfläche das Ergebnis der Oberflächen-härtung zu bewerten oder eine Entkohlung festzustellen und zu beurteilen.

Von Metallographen und bei der Versagensanalyse wird das Verfahren für eine Vielzahl von Zwecken eingesetzt, darunter die Untersuchung der Homogenität, die Charakterisierung von Schweißnähten, zur Unterstützung der Phasenidentifikation oder einfach nur zur Bestimmung der Härte von Proben, die für konventionelle Standard-Eindringprüfungen zu klein sind.

Weitere Informationen zur Vickers-Härteprüfung und anderen Härteprüfverfahren in der Metallographie finden Sie im Buehler-SumMet-Leitfaden.

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